Über uns

Organisierung aufbauen

Der Kapitalismus ist in der Krise, sein Subjekt – die kapitalistische Klasse – ist es jedoch noch lange nicht, sie ist hervorragend auf allen Ebenen organisiert, vor allem auf der polizeilichen und der militärischen. Dem Verfall ihrer Legitimität werden eine umfassende und differenzierte Propagandaindustrie und ein umfangreiches Gerüst aus Überwachung, Kontrolle und Repression entgegengesetzt.

Die objektiven Bedingungen für den Kommunismus sind längst herangereift, aber in den stärksten kapitalistischen Staaten und insbesondere in der BRD ist die Klasse der Lohnabhängigen zum größten Teil entpolitisiert und verfügt kaum über Klassenbewusstsein. Besonders fatal ist die Tatsache, dass kaum eine Verbindung zwischen den Arbeitskämpfen und den politischen Kämpfen der Linken besteht. Den Zustand nur zu beschreiben und zu beklagen hilft nicht weiter, wir können ihn nur durch eine entsprechende Praxis verändern.

Unser methodisches und politisches Selbstverständnis

Wir kämpfen für eine revolutionäre Veränderung des gegenwärtigen ökonomischen und politischen Systems mit der Perspektive eine kommunistische Gesellschaft zu schaffen. Die Grundlagen der marxistischen Theorie wie: der historische und dialektische Materialismus, die Analyse des Kapitalismus und der Klassengesellschaft, die revolutionäre Umwälzung der bestehenden Gesellschaftsordnung und die Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat sowie die Anerkennung der Notwendigkeit revolutionärer Gewalt sind verbindliche theoretische Grundsätze der Organisation und müssen sich in unserer Praxis widerspiegeln. Für uns ist die Theorie kein von der Praxis abgekoppelter Bereich. Das heißt, dass wir unsere Analysen immer wieder in der Praxis überprüfen und gegebenenfalls korrigieren oder verwerfen. Ebenfalls muss aber auch die Praxis geändert werden, wenn sich zeigt, dass sie nicht den gesetzten Zielen dient. Theorie ist also kein Auswendiglernen von bestimmten »Formeln«, sondern entwickelt sich anhand der Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit. Dabei versuchen wir die gesellschaftliche Realität in all ihren Facetten und Widersprüchlichkeiten zu begreifen und eine statische oder einseitige Betrachtung zu vermeiden.

Vor diesem theoretischen Hintergrund versuchen wir auch die Siege und Niederlagen der weltweiten Kämpfe gegen Ausbeutung und Unterdrückung sowohl der Vergangenheit, als auch die der Gegenwart zu begreifen, um aus ihnen zu lernen.

Es gibt im revolutionären Prozess keine Stunde null. Die erste Welle proletarischer Machtentfaltung ist noch an objektiven und subjektiven Widersprüchen gebrochen, aber nach den Prinzipien der Dialektik ist auch der Zusammenbruch des ersten sozialistischen Anlaufs ein Stück des Weges hin zum Verfall des Kapitalismus. Der revolutionäre Aufschwung beginnt aber nicht von allein, er ist das bewusste Handeln im Klassenkampf. Und dieses bewusste Handeln entwickeln wir nicht allein aus uns selbst, sondern aus den Erfahrungen der Geschichte und den Entwicklungen, die durch den Kampf selbst stattfinden.

Wir lehnen die »Musterideologien« als Momente der Spaltung ab. Wir müssen keine »Trotzkist*innen« sein, um den proletarischen Internationalismus und die internationale Revolution anzustreben, wir müssen keine »Leninist*innen« sein, wenn wir langfristig die revolutionäre Einheit durch entsprechende Strukturen festigen wollen, und wir müssen weder Stalinist*innen noch Antistalinist*innen sein, wenn wir die Widersprüche beim Aufbau der Sowjetunion und die Periode unter Stalin materialistisch untersuchen. Zwar ist es nicht denkbar, dass es die Bedingungen der russischen Revolution, welche diese ideologischen Strömungen hervorgebracht haben, so je wieder geben wird, dennoch ist eine kritische Bezugnahme auf die ersten sozialistischen Umwälzungen unerlässlich.

Kapitalismus ist historisch überholt

Das ökonomische und politische System der bestehenden Gesellschaft gründet auf der kapitalistischen Produktionsweise. Ihr Kern ist die Ausbeutung der lohnabhängigen Klasse durch die Aneignung des im Produktionsprozess geschaffenen Mehrwerts durch die Klasse der Kapitalist*innen. Die gesellschaftliche Mehrheit in ihrer gesamten Lebensgestaltung ist den Profitinteressen einer Minderheit unterworfen, weil diese Minderheit die Produktionsmittel in ihrem Besitz hat. Die Organisierung der Wirtschaft und die Entwicklung der Gesellschaft unterliegen dem Profitstreben dieser besitzenden Klasse. Die lohnabhängigen Menschen haben ihre Funktion als Objekte der Ausbeutung und als willige Konsument*innen.

Die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen ist tausende von Jahren alt und genauso lange gibt es den Widerstand dagegen. Aber die kapitalistische Produktionsweise konnte sich erst mit dem Aufstieg der Bourgeoisie zur herrschenden Klasse entfalten. Sie entwickelte sich im Laufe von dreihundert Jahren bürgerlicher Herrschaft zu einem Profitsystem, das die gesamte Menschheit und die Erde bedroht. Wir erleben derzeit erneut die brutale kriegerische und ideologische Sicherung dieses Systems. Für die gesellschaftliche Entwicklung war der Kapitalismus lange Zeit ein Fortschritt, da er die Produktivkraft enorm steigerte, unter anderem indem er die feudalen Strukturen wie zum Beispiel die Leibeigenschaft beseitigte. Doch seit langem stellt der Kapitalismus seine Destruktivkraft immer wieder unter Beweis. Die Höhe der wirtschaftlichen Produktivität würde es längst ermöglichen weltweit alle Menschen ausreichend zu versorgen. Aber aufgrund der kapitalistischen Profitlogik lebt ein Großteil der Menschen in Armut, leidet unter Hunger und dem Mangel an grundlegenden Mitteln der Bedürfnisbefriedigung. Das ist unsere kapitalistische Gegenwart und ohne revolutionäre Gewalt wird der Durchbruch zu einer kommunistischen Gesellschaft nicht zu schaffen sein.

Das Ziel ist Kommunismus

Auch wenn alle bisherigen Versuche es noch nicht geschafft haben, dem Kommunismus historisch zum Durchbruch zu verhelfen, bleibt der Kampf für die kommunistische Gesellschaft die einzige Perspektive gegen die Verelendung der Gesellschaften unter der Herrschaft des Kapitals. Der Widerspruch von hochentwickelter vergesellschafteter Produktion und der privaten Aneignung des Mehrwerts durch eine kleine Klasse ist historisch bereits überholt. Die Menschen werden durch Gewalt in tausenderlei Facetten in diesen Verhältnissen festgehalten. Die Befreiung von der Profitwirtschaft und die Orientierung der Produktion an den gesamtgesellschaftlichen Bedürfnissen sprengt die Unterordnung des Menschen unter die Warenproduktion. Eine kreative Entfaltung aller gesellschaftlichen Aktivitäten, wie Produktion, Reproduktion, Kultur und Kunst wird möglich. Dies ist die erste grundlegende Stufe zur Befreiung aller von der Klassenherrschaft. Diese Stufe – die kollektive, an den gesamtgesellschaftlichen Bedürfnissen geplante Produktion und ihre Verteilung – ist die Voraussetzung für die neue Gesellschaft, den Sozialismus. Sie ist die erste Phase und somit eine Baustelle für den Kommunismus. Die bürgerlich-kapitalistischen Verhältnisse sind nicht mit der Enteignung der besitzenden Klasse und der Machtübernahme des Proletariats überwunden. Auch wenn damit der Antagonismus der zwei Hauptklassen verschwindet, behindern Revanchismus, Fatalismus, Konkurrenz- und Profitdenken, Egoismus, altes Besitzdenken, noch die Gesellschaft und erschweren die Entwicklung hin zum Kommunismus. Die gescheiterten Versuche seit der Oktoberrevolution 1917 zeigen vor allem dies: der Kapitalismus wird durch eine langandauernde Übergangsgesellschaft abgelöst und der Kommunismus kann sich erst durch einen Prozess, der von Rückschlägen, Niederlagen und Misserfolgen geprägt sein wird, durchsetzen. Aber er wird sich nicht von allein, nicht automatisch durchsetzen, sondern nur als Ergebnis bewusst geführter Klassenkämpfe.

Wir haben die Perspektive »alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist«. Das bedeutet für uns nicht nur den Kampf gegen den Kapitalismus zu führen, sondern ebenso gegen Rassismus und Patriarchat zu kämpfen. Als Kommunist*innen wollen wir die verschiedenen Kämpfe gegen Patriarchat, Klassenherrschaft und Rassismus aufeinander beziehen, damit sie sich gegenseitig verstärken können, ohne aber den einen Kampf dem anderen unterzuordnen. Wir versuchen klassenkämpferische und antirassistische Positionen in feministische Kämpfe zu tragen und feministische und antirassistische Positionen im Klassenkampf einzubringen.

Eine gemeinsame Front im Klassenkampf

Die gegenwärtige weltweite ökonomische Krise, zeigt sich für die lohnabhängige Klasse als eine Offensive des Kapitals gegen sie. Die Massenarbeitslosigkeit steigt, die sozialen Standards werden Stück für Stück abgebaut. Die Gewerkschaftsführungen stehen der Entwicklung hilf- und orientierungslos gegenüber. Das ist hilfreich fürs Kapital und fatal für die Arbeiter*innen. Die Führung der Gewerkschaften hat die reale Funktion der Einbindung der Lohnabhängigen in das Kapitalverhältnis, sie verhindert den Klassenkampf und behindert die Entwicklung von Klassenbewusstsein der Arbeiter*innen. Ihre Politik des »Interessenausgleichs« zwischen Unternehmern und Belegschaften funktioniert aber nur in krisenfreien Zeiten. Nach dem Zerfall des sozialistischen Lagers kann das Kapital gegenwärtig nahezu grenzenlos schalten und walten. Produktionsverlagerung in Billiglohnländer ist ein drohender Knüppel. Zugeständnisse werden nur noch auf niedrigstem Niveau gemacht. Die traditionellen sozialpartnerschaftlichen Regularien zwischen Unternehmern und Gewerkschaftsführung wenden sich zunehmend deutlicher gegen die Lohnabhängigen. Die Gewerkschaften verlieren ihre Legitimität in den Belegschaften. Es geht nicht mehr in erster Linie um gute oder schlechte Tarifverträge, sondern um den Verlust der Arbeitsplätze und das unaufhaltsame Hinein gleiten in Hartz-IV-Armutsprogramme. Es geht also massenhaft um existenzielle Fragen. Die Kämpfe in den Betrieben stehen bevor. Linke Gewerkschafter*innen beginnen sich auf die selbständigen Kämpfe von unten vorzubereiten.

Die Parole der radikalen Linken »Für die soziale Revolution« ist nur realisierbar durch eine Strategie für einen gemeinsamen Kampf mit den Auseinandersetzungen in den Betrieben. Das ist leicht gesagt und schwergetan. Das politische Bewusstsein der radikalen Linken entwickelt und schärft sich in den politischen Konflikten auf vielfältigen gesellschaftlichen Feldern: Antifaschismus und Antirassismus, dem Kampf gegen Repression, Krieg, Privatisierung, Hartz IV Wohnungs- und Bildungsnotstand, um nur einige Felder zu nennen. Diese Kämpfe haben eine beachtliche Sprengkraft im Detail, bleiben da aber auch stecken. Sie weisen nicht über die gegenwärtigen Verhältnisse hinaus, weil die kommunistische Perspektive nicht konkret entwickelt und aufgebaut wird: Die Frage nach dem revolutionären Aufbauprozess, der proletarischen Gegenmacht und der gewaltsamen Machtübernahme für eine künftige sozialistische Gesellschaft wird oft nicht gestellt. So bleibt es bei einem Widerstand, der sich, ohne die Ursache im Blick zu haben, nur an den Symptomen abarbeitet und logischerweise irgendwann erlahmt, sich an der Repression aufreibt, oder zum individuellen Lebensentwurf wird.

Losgelöst von den Kämpfen in den Betrieben kann es keine revolutionäre Perspektive für eine kommunistische Gesellschaft geben. Mag das Klassenbewusstsein des Proletariats jetzt auch noch so desolat und dominiert sein von sozialpartnerschaftlichem Gewerkschaftsdenken, die Offensive des Kapitals wird zu stärkeren Klassenauseinandersetzungen führen und nur in den Kämpfen kann sich Klassenbewusstsein entwickeln.

Wir wollen in den politischen Teilbereichskämpfen und den Arbeitskämpfen mit einer klassenkämpferischen Perspektive aktiv sein, durch eine Praxis die eine gemeinsame revolutionäre Stoßrichtung formuliert und die kommunistische Gesellschaft als Ziel ins Auge fasst.

Organisierung ist Kontinuität und Weiterentwicklung politischer Praxis

Wir haben es in den täglichen Kämpfen immer mit unterschiedlichen Erfahrungen, unterschiedlichem politischen Bewusstsein, differenzierten Lebensrealitäten, Teilbereichswissen und Teilbereichspraxis zu tun. Das sind Bestandteile des politischen Gesamtprozesses. Wir streben eine Organisierung an, die sowohl in ihren theoretischen als auch praktischen Aktivitäten den gemeinsamen Nenner – der Widerspruch zwischen Lohnarbeit und Kapital – in diesem politischen Gesamtprozess deutlich werden lässt, ohne die Berechtigung der Teilbereichskämpfe in Frage zu stellen. Sie sind der Boden auf dem sich kapitalismuskritisches Bewusstsein entwickelt, und das ist der Ausgangspunkt für Klassenbewusstsein. Außerdem wollen wir eine Organisierung aufbauen, die eine feministische und antirassistische Theorie und Praxis entfaltet. Das »Combahee River Collective« hat diese Perspektive im Jahr 1977 auf den Punkt gebracht: »Wir glauben jedoch nicht, dass eine sozialistische Revolution unsere Befreiung garantieren kann, wenn sie nicht gleichzeitig eine feministische und antirassistische Revolution ist«.

Eine revolutionäre Perspektive ist ein revolutionärer Kompass für den Kommunismus

Wir stehen mit unseren Anstrengungen nicht alleine. Es gibt nicht nur weltweit fortschrittliche und revolutionäre Kämpfe, sondern auch Organisationsprozesse, die in der BRD mit gleicher Zielsetzung angestrebt werden. Die Revolutionäre Perspektive Berlin versteht sich als Teil eines Aufbauprozesses, der auch anderswo vorangetrieben wird, mit dem langfristigen Ziel eine größtmögliche Einheit aller revolutionären Kräfte herzustellen. Es geht letztendlich um den Wiederaufbau einer revolutionären, proletarischen Gegenmacht, die perspektivisch in der Lage ist, dem Kommunismus zum Durchbruch zu verhelfen.

Wir sind keine Illusionist*innen und keine Utopist*innen. Wir erwarten nicht den schnellen Erfolg. Unsere Praxis ist Teil eines langfristigen Prozesses. Ungeduld und Geduld sind unsere ständigen Begleiter. Zwischen dem was wir notwendig und richtig finden und dem was wir schaffen umzusetzen, bleibt mehr liegen als uns lieb ist. Revolutionäre Programme sind immer Ausdruck gegenwärtiger Bedingungen und gegenwärtigen Bewusstseins. Sie sind nicht starr und endgültig, sondern von der realen gesellschaftlichen Entwicklung beeinflusst. Das ist mit unserem Projekt nicht anders. Es entwickelt sich mit und in Widersprüchen, wie wir selbst als seine Subjekte auch.
 

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